+ Antworten
Ergebnis 1 bis 9 von 9

Thema: Adoption abbrechen wegen Leishmaniose?

  1. #1
    registrierter Teilnehmer
    Registriert seit
    07.2020
    Beiträge
    1

    Adoption abbrechen wegen Leishmaniose?

    Hallo Zusammen,
    ich bin so verzweifelt. Ich habe mich so sehr darauf gefreut den Hund Loui aus dem Tierheim mit nach Hause zu nehmen. Er ist 1-3 Jahre alt, sieht aus wie ein Labrador-Bordercollie-Mix und wurde vor ca. 2 Wochen aus Ungarn nach Deutschland gebracht. An dem Tag wo wir endgültig zusagen wollten kam die Diagnose Leishmaniose-positiv. Dazu habe ich einige Fragen: Was sagt das Blutbild über die Stärke oder den weiteren Verlauf der Krankheit aus? Kann man dazu Aussagen machen? Wenn er nicht an einem Leishmaniose-Schub stirbt, hat er dann eine 'normale' Lebenserwartung? Was sind so die durchschnittlichen Kosten, die mich erwarten würden? Wie oft müsste ich wahrscheinlich zum Tierarzt? Wie wahrscheinlich ist es, dass er ein mehr oder weniger normales schönes Leben leben darf? Ich hab so viele Fragen, ich wäre auch schon dankbar, wenn ihr nur ein Teil davon beantworten würdet um mir bei der Entscheidung zu helfen. Würde ich ein 'Sorgenkind' adoptieren bei dem ich immer in Angst leben würde, etwas falsch zu machen und damit einen neuen Schub zu fördern? Ich habe es gerade hinter mir meinen 15 Jahre alten Labrador bis zum Tod in Vollzeit zu pflegen und wollte mir so etwas eigentlich nicht direkt im Anschluss nochmal antun aber ich hätte so ein grausam schreckliches Gewissen ihn jetzt deswegen im Tierheim zulassen wo seine Vermittlungschancen mit der neuen Diagnose sicherlich nicht mehr ganz so toll sind. Hilfe...
    Ganz liebe Grüße und vielen Dank!!

    (Ich habe irgendwie nicht verstanden wie ich ein Bild über URL anhängen kann deswegen schreibe ich die wichtigsten Blutwerte jetzt einfach hier hin:
    Leish-AK (EIA): 1.56 LE
    Rickettsia-AK (IFT) 1:256

  2. #2
    Forum-Team Avatar von henri
    Registriert seit
    07.2004
    Ort
    Unna/NRW
    Beiträge
    17.424
    Hallo, herzlich willkommen. Schön, dass du einem Leishmaniosehund ein neues Zuhause bieten möchtest. So pauschal kann man deine Fragen nicht beantworten. Leishmaniose kann schwer verlaufen, aber auch leicht. Ein schwerer Verlauf ist teurer, als ein leichter Verlauf. Die Medikamente sind vergleichsweise günstig. Teuer sind die Laboruntersuchungen. Die muss man zu Anfang der Krankheit öfter machen, als später. Je nach Verlauf. Der Titer von 1,56 sagt so alleine nichts über die Krankheit aus. Man muss wissen, ob die Leishmaniose bereits ausgebrochen ist, oder nicht. Dazu benötigt man ein Blutbild+Organwerte+eine Eiweißelektrophorese. Ein Titer sagt erst einmal nur aus, dass der Hund mit den Erregern infiziert ist. Aber nicht, ob auch die LM behandelt werden muss. Zeig doch mal die Befunde die du hast. Dann überlegen wir gemeinsam, wie es weitergehen könnte.
    Viele Grüße
    Michaela


    Befunde Enia
    Befunde Joschi

  3. #3
    Forum-Team Avatar von henri
    Registriert seit
    07.2004
    Ort
    Unna/NRW
    Beiträge
    17.424
    Ach so, nimm für die Befunde diese Seite: https://picr.de/

    Dort anmelden und die Befunde mit 800 Pixel und [img]... hochladen und den generierten Code hier ins Textfeld einfügen.
    Viele Grüße
    Michaela


    Befunde Enia
    Befunde Joschi

  4. #4
    Unregistriert
    Gast

    Antwort

    Lieber Henri,
    vielen Dank schonmal für deine Antwort.
    Hier sind nun die Links für sein Blutbild:





    (hoffe das klappt)

    Ich hab jetzt auch noch viel gelesen und eine Frage. Er hat ja neben Leishmaniose-Antikörper auch noch Rickettsia-Antikörper. Rickettsia-AK bedeutet doch, dass er Ehrlichmaniose-positiv ist. Ich habe gelesen, dass es sein kann, dass die Ergebnisse von Leischmaniose durch die ebenso vorhandene Ehrlichmaniose verfälscht werden können. Dann müsste man noch weitere Tests machen um herauszufinden, ob er wirklich Leischmaniose-positiv ist. Habt ihr das auch schon gehört? Kann das sein? Und wenn ja, welche Tests sollte man da machen? Und falls das alles Quatsch ist, kann es sein, dass die Leischmaniose durch die ebenso vorhandene Ehrlichmaniose eine höhere Wahrscheinlichkeit hat auszubrechen?

    Liebe Grüße!

  5. #5
    registrierter Teilnehmer Avatar von XEinhornX
    Registriert seit
    05.2018
    Ort
    Lünen
    Beiträge
    715
    Hallo,

    Ehrlichien gehören von der Klassifizierung zu den Rickettsien. Rickettsia conorii kommt im Mittelmeerraum vor und ist der Erreger des Mittelmeer-Zeckenbissfiebers (auch andere Bezeichnungen gibt es). Beim Hund verlaufen diese Rickettsiosen meist subklinisch oder mild. Eine solche Infektion muss gar nicht krank machen.
    Bei akuten Symptomen erfolgt die Therapie mittels Antibiose.

    Meines Wissens nach hat das ganze aber nichts damit zutun, dass auch Leishmaniose-Antikörper gefunden wurden. Mehrfachinfektionen können die Ergebnisse hinsichtlich der Anzahl der Antikörper und wohl auch im Blutbild verfälschen, allerdings nicht Antikörper für eine ganz andere Krankheit einfach ins Blut "zaubern".

    Du brauchst wirklich erst einmal ein ein Blutbild+Organwerte+eine Eiweißelektrophorese mit Kurvendarstellung.

    Ich habe 2 Hunde mit Mehrfachinfektionen zuhause. Beide aus Spanien, Keko (der 2.) haben wir ein halbes Jahr nach Charlie aufgenommen, obwohl Charlie Leishmaniose, Ehrlichiose und Babesiose hat. Keko ist positiv auf Leishmaniose, Ehrlichiose und Borreliose getestet.

    Beide Hunde sind putzmunter und brauchen zur Zeit keine Medikamente. Wir gehen mittlerweile alle 6 Monate zum Blutabnehmen (Anfangs alle 3 Monate).
    Natürlich gibt es auch viele Hunde mit einem schweren Verlauf, allerdings denke ich immer: auch ein gesunder Hund kann krank werden.

    Ich würde es jederzeit wieder so machen, muss allerdings zugeben, dass ich auch überlegt hätte Charlie zu holen, wenn ich vorher gewusst hätte, dass er krank ist.
    Wir haben allerdings niemals bereut die Tierchen aufzunehmen

  6. #6
    Forum-Team Avatar von henri
    Registriert seit
    07.2004
    Ort
    Unna/NRW
    Beiträge
    17.424
    Ruf doch im Tierheim an und bitte um eine Nachbestellung im Labor aus der Blutprobe, die dort einige Tage eingelagert wird. Die Nachbestellung muss das Tierheim machen, da sie der Auftraggeber für das Labor ist. Vielleicht kannst du ja anbieten die Kosten zu übernehmen, oder dich zu beteiligen. Dann hätte man einen Iststand und wüsste wie es jetzt gerade in Loui aussieht, ob er bereits behandelt werden muss, oder nicht.
    Viele Grüße
    Michaela


    Befunde Enia
    Befunde Joschi

  7. #7
    Forum-Team
    Registriert seit
    08.2007
    Ort
    NRW
    Beiträge
    10.866
    Hallo!

    Ich finde es sehr wichtig einen kranken oder alten Hund nicht aus Mitleid aufzunehmen! Mitleid ist ein ganz schlechter Berater. Der Hund ist ja jetzt in Deutschland und bekommt medizinische Hilfe, falls nötig. Damit sind seine Vermittlungschancen erheblich gestiegen im Vergleich zu Ungarn.

    Häufig versuchen Menschen, die sich zum ersten Mal mit LM konfrontiert sehen eine Ausflucht zu finden und klammern sich an die Vermutung es könne sich um eine Kreuzreakion handeln. Das ist aber fast nie der Fall. Nur bei sehr hohen Babesiose-Titern kann es zu einer Kreuzreaktion kommen. Also: Du solltest von einer Infektion mit LM und Rickettsien ausgehen momentan.

    Darüber hinaus ist Dein ausgewählter Hund nach den eingestellten Befunden bisher nicht auf erwachsene Herzwürmer (Makrofilarien Dirofilaria immitis) sowie Anaplasma phagocytophilum getestet. Ausserdem können in Ungarn weitere Erkrankungen auftreten wie Borreliose, Toxoplasmose, Neosporose.

    Das muss alles kein Problem sein aktuell. Allerdings können die für die Ausreise nötigen Impfungen ca. 2-4 Monate später zu einem Ausbruch von Erkrankungen führen. Auch der Stress bei Kastration, Transport, Umgewöhnung ins neue Tierheim und Eingewöhnung im neuen Zuhause können dazu beitragen. Ein Test ist also immer nur eine Momentaufnahme und alle jetzt negativ getesteten Krankheiten können doch noch auftreten, also im Nachtest positiv werden und praktisch lebenslänglich ausbrechen.

    Was Du jetzt machen kannst, um zu einer Entscheidung zu kommen: Mit dem Tierheim sprechen und nach weiteren Befunden fragen, Dich eventl. an den Kosten von grossem Blutbild, Organwerten und der Eiweisselektrophorese beteiligen. Ohne diese Befunde kann man nicht sagen, ob die LM und Rickettsiose ausgebrochen und behandlungsbedürftig sind oder ob bereits Hinweise auf weitere (bisher ungetestete) Mittelmeerkrankheiten vorliegen.

    Bei allen Mittelmeerkrankheiten ist eine lebenslange regelmässige Überwachung der Blutwerte wichtig. Anfangs alle 3 Monate, in schweren Fällen öfters, und später können oft die Intervalle auf ca. alle 6 Monate ausgedehnt werden. Das Problem ist viele Mittelmeerkrankheiten können die Nieren angreifen, was äusserlich meist nicht erkennbar ist bis ein Grossteil der Nieren unheilbar geschädigt ist. Das ist bei Hunden jeden Alters möglich.

    In einigen Fällen ist ein Klinikaufenthalt nötig bei fortgeschrittener Erkrankung, andere verursachen lebenslang nur überschaubare Kosten. Wenn Du/Ihr bereits eine angespannte Finanzlage habt, solltest Du den Hund nicht adoptieren. Es können schnell Kosten in der Höhe von mehreren hundert, idR mehreren tausend EUR zusammen kommen, durchaus auch im Bereich des Preises eines Kleinwagens. Die Lebenserwartung kann bei guter Überwachung und Pflege normal sein. Es gibt im Forum nicht wenige Hunde, die 16 oder älter geworden sind, aber auch sehr viele, die es nicht geschafft haben.

    Trotzdem, muss man sagen, gilt Ungarn nach wie vor nicht als Endemiegebiet für Ungarn und es könnte auch passieren der Test erweist sich als wahrscheinlich falsch positiv. Das kommt vor. Allerdings hatten wir hier auch schon eindeutig positive erkrankte Hunde aus Ungarn bzw. reisebegleitende Hunde. Man kann eine PCR auf Leishmanien aus Blut, Lymphknoten oder Knochenmark erstellen. Damit sucht man nach dem Erreger bzw. seiner DNA direkt, so wie aktuell auf Corona getestet wird. Sollte dieser Test negativ ausfallen, ist das aber kein Beweis es liegt keine LM vor! Nur eine positive PCR ist beweisend! Der Hund würde also trotzdem eine gute regelmässige medizinische Überwachung benötigen.

    Seid Ihr noch jung bzw. ist Euer Traum so oft wie möglich mit Hund ins Ausland reisen zu können, solltet Ihr Euch ebenfalls gegen den Hund entscheiden, da bei infizierten Hunden eine Impfung einen lebensbedrohlichen Ausbruch der Erkrankung(en) auslösen kann. Die Mehrzahl der Mittelmeerkrankheiten gilt als nicht heilbar.

    Es tut mir leid, wenn ich jetzt in Deinen Augen sehr drastisch realistisch geschildert habe, aber es nutzt ja nichts, wenn man sich die Erkrankungen eventl. "beschönigt".

    Ich hoffe Du kannst mit dem Tierheim zusammen weitere Blutuntersuchungen absprechen, so dass man klar sehen kann wie aktuell der Stand der Infektionen ist

    Liebe Grüsse

    Andrea
    Geändert von Charlie (09.07.2020 um 11:32 Uhr)

  8. #8
    Forum-Team
    Registriert seit
    08.2007
    Ort
    NRW
    Beiträge
    10.866
    Ungarn gilt nicht als Endemiegebiet für LM, meinte ich natürlich

  9. #9
    Unregistriert
    Gast

    Danke

    Vielen lieben Dank für die tollen Antworten. Ich habe heute die Vermittlung schweren Herzens abgesagt. Gerade das Argument mit dem Urlaub im Ausland und auch die hohen Kosten bis hin zum Kleinwagen überfordern mich einfach. Jetzt kann ich nur hoffen, dass dieser Hund sein perfektes Zuhause trotzdem findet. Falls hier jemand zufällig im Raum Witten lebt und sich gerade für einen Hund interessiert. Er ist einfach nur wundervoll. (Im Tierheim heißt er übrigens Peace, wir wollten ihm nur den Namen Loui geben..)
    Ganz liebe Grüße

+ Antworten

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Ja
  • Themen beantworten: Ja
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •